Perspektiven dank zweiter Chance

„Dabei ist das Scheitern keine Schande, zumal die meisten von ihnen unverschuldet in eine Notlage geraten sind“, sagt Michael F. Bayer, Geschäftsführer der Initiative GründerRegion Aachen. Vor allem die Krisenjahre 2002 und 2003 und die nur allmählich ausklingende Wirtschafts- und Finanzkrise haben viele Unternehmer zur Aufgabe gezwungen. Wegbrechende Aufträge, massive Zahlungsausfälle und verschärfter internationaler Wettbewerb zählen zu den Hauptursachen für Insolvenzen.

In den USA freilich sieht man das Thema etwas anders. Die vorherrschende Meinung dort: Wenn jemand eine Insolvenz hinter sich gebracht hat, kennt er die Ursachen. Daher wird er einmal gemachte Fehler keinesfalls wiederholen. Nicht selten gründen Menschen dort mehrere Unternehmen hintereinander, und nach jedem Scheitern bringen sie wieder ein neues Unternehmen an den Start. Ja, selbst Walt Disney soll schon einmal mit einer Firma pleite gegangen sein, bevor ihm mit seinen heute weltbekannten Zeichentrickhelden Mickey Mouse und Donald Duck nicht nur der wirtschaftliche Durchbruch sondern ein kometenhafter ökonomischer Aufstieg gelungen ist.

Allerdings sollten Restarter einige wichtige Regeln beachten, bevor sie wieder im Geschäftsleben Fuß fassen wollen. Regel Nummer Eins ist sehr einfach und einprägsam: Kein Restart bei ungeklärten Altschulden. Erst wenn die Gläubiger aus der Vergangenheit keine Forderungen mehr geltend machen können, empfiehlt sich der Neustart. Denn ein unerwarteter Vollstreckungsbescheid kann das neue Unternehmen von Anfang an in eine finanzielle Schieflage bringen. Darüber hinaus sollte eine intensive Ursachenforschung betrieben werden, damit – wie gesagt – einmal begangene Fehler vermieden werden (Regel Nummer Zwei). Da die Mittel für den Neustart sehr knapp sind, ist eine äußerst sorgfältige Finanzplanung von Nöten (Regel Nummer Drei).

Der Aachener Unternehmer Pascal Tourniaire gehört zu denjenigen, die den Neuanfang gewagt haben und geschäftlich inzwischen wieder auf einem sehr guten Weg sind. Entscheidende Impulse erhielt er im Zuge seiner Teilnahme an „AC² – der gründungswettbewerb“ 2005 / 2006. „AC² hat ein hervorragendes Netzwerk geschaffen“, ist der 39-jährige IT-Spezialist und Fachübersetzer überzeugt. „Ich habe viele der Angebote genutzt: Coaching-Abende von AC2, Workshops von Professor Brettel bei der RWTH Aachen, persönliche Beratung über Dr. Tschäpe und Unterstützung bei der technologieorientierten Fördermöglichkeiten bei Iris Wilhelmi von der Industrie- und Handelskammer Aachen. Alle diese Möglichkeiten standen mir im Rahmen des von AC² geschaffenen Netzwerkes offen und haben mir wichtige Anregungen vermittelt,“ bringt Pascal Tourniaire seine Eindrücke auf den Punkt. In der Vorauswahl gelang es ihm, mit seinem Geschäftsplan eine Position unter den ersten zehn Bestplatzierten zu erzielen. Mit seiner neuen Firma, der Proverba Translation & Technology, bietet er seinen Geschäftspartnern technische Übersetzungen in allerhöchster Qualität an. Das Geheimnis besteht im Einsatz einer neuen Software aus dem Hause SDL Trados.

Dabei handelt es sich nicht um eine klassische Übersetzungssoftware, die mehr oder weniger radebrechend Sätze beispielsweise vom Deutschen ins Englische „zusammenstöpselt“, wie viele es von der automatischen Übersetzung kennen. Das Neuartige daran ist die so genannte Auto-Suggest-Technologie, wobei sich die Software dem Stil und der Terminologie des Übersetzers anpasst und auf Grund entsprechender Analysen die zum Thema passenden Worte und Redewendungen vorschlägt. „Durch den Einsatz dieses Tools erreichen wir eine Leistungssteigerung um 30 Prozent“, freut sich Pascal Tourniaire. Hinzu kommt ein weltumspannendes Netz aus Sprachexperten, das ihm die Übersetzung in fast alle Sprachen ermöglicht. Schon seit seinem Abitur hat sich der aus Bonn stammende Sohn eines französischen Diplomaten für Sprachen und deren informationstechnische Nutzungsmöglichkeiten interessiert. Mit dieser Qualifikation gründete er in den 90er Jahren den „Topas EDV- und Sprachenservice“.

Neben anderen industriellen Kunden im europäischen Ausland konnte er als Hauptauftraggeber die „Philips Speech Processing GmbH“ gewinnen. Zwischen fünf und zehn Mitarbeiter zählte die junge Firma. In starker Abhängigkeit von Philips wirkte sich deren wirtschaftlicher Niedergang ab 2002 leider auch auf das Unternehmen von Pascal Tourniaire aus. Das zum Philips-Konzern gehörende Unternehmen wurde verkauft und die Zusammenarbeit mit Pascal Tourniaire damit beendet. „Ich hatte angenommen, dass wir es trotzdem schaffen werden, denn wir hatten ja noch einige Kunden“, sagt er. Doch es kam anders: Im Krisenjahr 2003 meldeten innerhalb von sechs Monaten alle industriellen Partner Tourniaires Insolvenz an. Und auch Topas musste seine Pforten schließen. Dennoch ließ sich Pascal Tourniaire nicht entmutigen, er arbeitete als Fachübersetzer und feilte an seinem Restart, der ihm 2005 erfolgreich gelang. Heute zählen zu seinen Kunden Unternehmen wie Volkswagen, die Schaeffler-Gruppe, Aixtron, BASF, das Forschungszentrum Jülich sowie die RWTH Aachen und eines der wenigen großen Forschungsmuseen Deutschlands, das Deutsche Bergbau-Museum.

BU: Mit seiner neuen Firma ProVerba will der IT-Spazialist und Fachübersetzer Pascal Tourniaire erneut durchstarten

Restart

Wer sich darüber hinaus intensiver zum Thema „Restart“ informieren möchte, der sollte eine entsprechende Broschüre, verfasst von Experten, zur Hand nehmen. Diese lässt sich im Internet bei der Gesellschaft für innovative Beschäftigungsförderung mbH Nordrhein-Westfalen (G.I.B.) unter www.gib.nrw.de herunterladen. Titel der Publikation: „Die 2. Chance – Leitfaden für Restarter“.

Info: GründerRegion Aachen, Theaterstraße 6 – 10, 52062 Aachen, Tel 0241 4460 350

www.gruenderregion.de
info@gruenderregion.de

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